Von Mathis Hegewisch
Realpolitisch gesehen hatte selten ein Kandidat so großes Zerstörungspotenzial wie Donald Trump. Selbst der historisch-psychopathische Andrew Jackson, der großteilig für den Völkermord an den Ureinwohnern Nordamerikas verantwortlich ist, würde neben Trump klein aussehen, wenn er seinen Plan durchsetzt, Saudi-Arabien nuklear zu bewaffnen, UN-Mitgliedsstaaten im Kriegsfall nicht mehr zu unterstützen und im Zweifel auch von nuklearen Waffen selbst Gebrauch zu machen.
Entscheidend werden in dieser Wahl zum ersten Mal Migrant*innnen und die sogenannten „Millenials“, also die Gruppe derer, die zwischen den 1980ern und den 2000ern geboren wurde, sein. Diese Wahl stellt einen Wendepunkt dar, denn in Zukunft werden diese beiden Gruppen, die bis dato noch eher als Minderheit gehandelt wurden, der größte Wählerblock werden. 1976 sah es noch ganz anders aus. Der Underdog Jimmy Carter gewann nur knapp in einer Wahl, in der 89 Prozent der Wählerschaft weiß waren. Diese Wahl wird jedoch von einer Wählerschaft entschieden, die nur noch zu 70 Prozent weiß ist.
Dennoch sticht diese schrumpfende Wählerschaft durch ihre Giftigkeit heraus. Donald Trump, die Verkörperung des wütenden, weißen Mannes, hat es beachtlicher Weise geschafft, über 280 individuelle Menschen, Gruppen oder Dinge zu beleidigen. Dies ist erschreckend, aber der Fehler liegt bei der Wählerschaft - denn Trump ist sich in seiner Widerwärtigkeit stets treu geblieben. Bereits in seiner ersten Rede, in der er seinen Hut in den Ring warf, ließ Trump tief in sein Inneres blicken, als er die illegalen, mexikanischen Emigranten/innen als vergewaltigende Drogendealer bezeichnete. Ungeachtet seiner öffentlichen Meinung, stellt er sie dennoch privat selbst ein um vergoldete Paläste, gescheiterte Kasinos oder „Universitäten“ zu bauen.
Der Fehler liegt bei der Wählerschaft. Es sind eben nicht nur ungebildete gefühlt-zurückgelassene „blue-collar“ Arbeiter*innen aus bibeltreuen Regionen des mittleren Westens – auch wenn diese sicherlich einen enormen Teil ausmachen. Das republikanische Establishment, in seiner prinzipienlosen Machtgier, hat es zugelassen, sich von einem autoritären Egomanen verführen zu lassen. Sie sind getrieben, von einer Angst vor demokratischen Policies, einem vermeintlich progressiven Supreme Court Richter und ihrer Abneigung gegenüber Hillary Clinton. Es ist bedrückend, wenn die Parteitreue dazu motiviert, einen Kandidaten zu unterstützen, der es schafft an seinen besten Tagen ungefähr 40-mal zu lügen.
Die trumpsche Bewegung, des gefühlt-zurückgelassen Unterschichtbürgers hat ihren unmittelbaren Ursprung in der jenseits-von-rechts lokalisierten Tea-Party, die 2009 entstand und durch manische Verschwörungstheoretiker mit Mikrophonen, wie Glen Beck und Alex Jones, befeuert wurde. Sie sehen die Jobs von aufrichtigen Amerikanern bedroht, haben Angst vor einer islamistischen Apokalypse und denken das jüdische Finanzkapital der Wall Street steckt unter einer Decke mit den linksliberalen Medien, die sich gegen die Wahrheit verschwören.
Die „Wahrheit“ wurde kaum in einer Wahl so verzerrt wiedergegebenen wie in dieser Wahl. Hillary Clinton, als Berufspolitikerin, weiß ebenso wie ehemalige Göttinger Politikwissenschaftler, von der Lüge als Tugend Gebrauch zu machen. Es ist nachvollziehbar, dass es ihr unangenehm ist, ihre technische Inkompetenz bezüglich der Bearbeitung von Emails zuzugeben. Doch wo Hillary Clinton es schafft, Fehler einzugestehen, missbraucht Trump die Wahrheit ebenso gerne wie Frauen, wenn er sagt, dass es keinen größeren Verteidiger der Freiheit gäbe, als ihn.
Seine persönliche Version des Rechtspopulismus baut auf ähnlichen Elementen auf, wie die der faschistischen Strömungen des 20. Jahrhunderts. Seine autoritäre Politik ist gekennzeichnet durch eine charismatische Führung, Rassismus, Protektionismus und Anti-Liberalismus. Trump ist zwar im historischen Sinne kein Faschist, was aber eher an der umstrittenen (akademischen) Definition von Faschismus liegt. Seine Unterstützer*innen, auch wenn bewaffnet, sind nicht paramilitärisch im Straßenkampf aktiv. Dennoch funktioniert gerade auch seine Ideologie nicht ohne ein spezielles Feindbild. Trumps Wähler sehen „ihr“ Amerika gefährdet.
Dass es jedoch nie ein kulturell-homogenes Amerika gab interessiert sie nicht. Für sie ist Trump der Mensch, der sich endlich mal traut, die Wahrheit zu sagen. Doch diese Wahrheit basiert nicht auf Fakten, sondern auf Bigotterie. Seine Abneigung gegenüber weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung ist aufrichtig, seine Darstellung der Fakten jedoch nicht.
Der Moderator Glen Beck scheint
jedenfalls nach dieser Wahl geläutert zu sein: „We’ve made everything into a game show and now we’re reaping the consequences of it.“ Er merkt was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht und es
bleibt nur zu hoffen, dass die Vernunft auch bei den Wählern und Wählerinnen siegen wird. Ungeachtet dessen, was bei dieser Wahl passiert, wird es eine Herausforderung sein, die Kräfte, die Trump
weckte, zu beschwichtigen.